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Eckehardt Hubitschka wird 85 Jahre – 72 Jahre Stenograf, 50 Jahre Vereinsvorsitzender

Von Dr. Jascha-Alexander Koch, Stenografenverein 1897 Langen E. V., Vizepräsident Deutscher Stenografenbund E. V.

Lieber Herr Hubitschka, wir gratulieren Ihnen ganz herzlich zum 85. Geburtstag! Von diesen 85 Jahren sind Sie nun bereits über 70 Jahre Mitglied im Stenografenverein Goslar. Zwei wirklich beachtliche Zahlen! Noch beachtlicher ist aber die Tatsache, dass Sie nun bereits über 50 Jahre 1. Vorsitzender des Stenografenvereins Goslar sind.

Wie und wann sind Sie damals überhaupt zur Stenografie gekommen?

„Der Anfang allen ‚stenografischen Übels‘ war 1951 im Zuge meiner Bewerbung um einen Ausbildungsplatz zum Industriekaufmann. Die damals zuständige Prokuristin des Unternehmens „Harzer Grauhof“ (Mineralwasserbrunnen), in dem ich meine Ausbildung machen wollte, forderte bereits drei Jahre vor Beginn der Ausbildung: ‚Aber der Junge muss im Stenoverein die Kurzschrift erlernen‘. Dies war nicht so schwierig, da ich mich in der Schule gerade in diesem Schuljahr im wahlfreien Unterricht der Kurzschrift ‚ausgeliefert‘ hatte. In der Schule hatten wir zweimal die Möglichkeit zwischen verschiedenen Fächern zu wählen. Beim Eintritt in die 7. Klasse habe ich mich dann für den Kurzschriftunterricht entschieden. Dieser Unterricht war aber nicht so intensiv, wie ich es nur kurze Zeit später im Stenografenverein Goslar erleben durfte.“

Eckehardt Hubitschka (Foto: Uwe Büdigam)

Wie haben sich Ihre ersten Jahre im Stenografenverein Goslar entwickelt und wann sind Sie erstmals in den Vereinsvorstand gekommen?

„Seit dem 14. April 1952 bin ich Vereinsmitglied im Stenografenverein Goslar – zunächst mit dem Augenmerk auf Fortbildung in der Kurzschrift, Steigerung der Schreibfertigkeit und Teilnahme an Wettschreiben. Dem folgte bereits 1957 die Unterrichtsleiterausbildung in Kurzschrift. Diese fand in Braunschweig statt und wurde vom Bezirk Braunschweig organisiert. 1966 trat ich schließlich in den Vereinsvorstand ein – zuerst in den Funktionen Vergnügungsobmann und Unterrichtsobmann Kurzschrift.“

Wie kam es, dass Sie sich bereits im Alter von Mitte 30 zur Wahl zum 1. Vorsitzenden haben aufstellen lassen?

„1972 entstand im Verein durch den plötzlichen Tod des geschäftsführenden Vorstands und den gleichzeitigen Rückzug des formellen Vorsitzenden eine sehr große Lücke im Vorstand. Mein Pflichtbewusstsein sowie vielerlei Appelle der großen Schar von Mitgliedern ließen mir keine Wahl: Ich wurde zum Vorsitzenden gewählt … und habe in der Folge auch nie wieder ‚nein‘ sagen wollen.“

Sie und Ihre Frau reisen immer gemeinsam zu den stenografischen Veranstaltungen und Wettschreiben – und auch Ihre Frau ist der Stenografie mächtig. Steckt hinter Ihrer Ehe auch ein „stenografisches Kennenlernen“ oder haben Sie sich außerhalb der stenografischen Organisation kennengelernt?

„Bereits 1956 hatte ich während der Berufsausbildung meine heutige Ehefrau kennen und lieben gelernt. Unsere erste Begegnung hatten wir, als ich sie an einer Fakturiermaschine anlernte. Bei dem vielfältigen attraktiven weiblichen Angebot in jenen Jahren bedurfte dies auch einer gehörigen Zielstrebigkeit und Disziplin, aber meine Frau hat sich hier ganz klar durchgesetzt. Später ist sie auch Vereinsmitglied geworden und wir haben all die Jahre so ziemlich alle Aufgaben im Stenografenverein gemeinsam bewältigt. Leistungsmäßig hatte sie mich übrigens schon sehr bald überholt.“

Wer aus Ihrer Familie kann noch Stenografie?

„Aus unserer 1961 geschlossenen Ehe gingen 1963 – 1967 zwei Kinder hervor, die wir logischerweise schon im jungen Schüleralter mit zunächst gutem Erfolg (Bundesjugendsieger!) auf die stenografische Schiene zu bringen versuchten … natürlich auch mit dem Hintergedanken, diese später in die elterlichen ‚funktionalen Fußstapfen‘ im Stenografenverein treten zu lassen. Die berufliche Entwicklung und andere Faktoren haben diese Träume aber platzen lassen. Lediglich unsere Tochter wendet als Kommunalbeamtin heute noch Kurzschrift an. Aber die Wohnorte (Regensburg bzw. München) gäben inzwischen nicht mehr viel für eine Erbfolge her.“

Eckehardt Hubitschka zusammen mit seiner Frau (Foto: Uwe Brüdigam)

Von wann bis wann waren Sie selbst aktiver Wettschreiber und auf welche Leistungen sind Sie besonders stolz?

„Mein letzter Auftritt als Wettschreiber fand beim Verbandstag 1958 in Lübeck statt mit der ewigen Bestleistung in der Disziplin Kurzschrift von 200 Silben/Minute. Allerdings damals noch gleichbleibend 5 Minuten. An Steigerungsansagen, wie man sie heute von Wettschreiben kennt, war seinerzeit noch nicht zu denken. Die funktionalen Schwerpunkte (zunächst als Unterrichtsleiter und dann später auch im Vereinsvorstand) ließen dann keine Verlängerung meiner Wettschreibkarriere zu.“

Wann waren Sie das erste Mal bei Deutschen Meisterschaften dabei? Und an was können Sie sich besonders erinnern?

„Über erste und weitere Deutsche Meisterschaften habe ich keinen Überblick mehr, wobei es vor den 1970ern auch nur Deutsche Stenografentage (ungefähr) alle 3 Jahre gab. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir dabei, als Münster während des Deutschen Stenografentages 1978 durch ein Gewitterunwetter völlig unter Wasser stand.“

Sie haben Wettschreiben und stenografische Veranstaltungen seit den 1950er-Jahren besucht und gesehen. Was hat sich seitdem gegenüber heute verändert? Was vermissen Sie heute gegenüber damals und was hat sich eventuell gar verbessert?

„Im Verlauf der langen Zeit hat es etliche Phasen mit Veränderungen gegeben, was grundsätzlich angemessen und gut ist, wenn auch manches vielleicht zu schnell vonstattenging. Das betrifft vor allem die gesamte technische und gesellschaftliche Entwicklung. Die rasante Entwicklung zunächst hin zu Phonodiktaten und dann der Einzug weiterer Elektronik im Büro kam für die Kurzschrift einfach zu schnell. Das hatte natürlich auch Auswirkungen auf die gesamte stenografische Organisation. Besonders in den letzten Jahren ist der Rückgang an Systemsicherheit und Sauberkeit nach meiner Einschätzung deutlich stärker als die Qualitätssteigerungen. Die sportliche Entwicklung gewann – entsprechend der Entwicklung in der Schulbildung – zunehmend überhand. Die Kurzschrift wird damit zwar ‚kundenfreundlicher‘, auch wenn man dies an Mitgliederzahlen leider nicht belegen kann.“

Wir sind Ihnen sehr dankbar, dass Sie auch in Ihrem hohen Alter zur stenografischen Organisation halten und sich nicht einfach zur Ruhe gesetzt haben. Was hat Sie angetrieben, so lange aktiv dabei zu sein?

„Als insgesamt doch ‚unzufriedener Steno-Veteran‘ haben mich Pflichtbewusstsein, Loyalität, Überzeugungsbemühungen gegenüber der Sache und dem Verein bei der Stange gehalten. Diese Charakterstärken haben mich über Generationen hinweg gezwungenermaßen auch von ‚höher angesiedelten Offerten‘ ferngehalten. Man spricht von Liebe zum Hobby und unterschätzt den Sog, dem man sich nach gewisser Zeit nicht mehr entziehen kann … bis ans Ende aller Tage.“

Eckehardt Hubitschka nach Überreichung der Ehrenplakette in Gold durch Regina Hofmann auf der Mitgliederversammlung des DStB am 22.04.2018 in Bad Salzuflen (Foto: Uwe Brüdigam)

Würden Sie den jungen Menschen von heute weiterhin zu Stenografie und Tastaturschreiben raten? Oder haben sich diese Fähigkeiten in Ihren Augen vielleicht doch schon selbst überlebt?

„Auch wenn die Veränderungen in der Gesellschaft auf der Hand liegen, versuche ich ‚schon von Amts wegen‘ uneingeschränkt und unbegrenzt die Vorteile von Schreibfertigkeit mit ihren Vorzügen in allen Lebenslagen jederzeit lebensgerecht, aber unabhängig darzustellen. Noch immer genügt mir in Sitzungen, Versammlungen, Schulungen der Zeitungsrand für eine kurze Notiz. Gerade im zunehmenden Alter mit zunehmender Vergesslichkeit ist auch der wöchentliche Einkaufszettel auf A6 von Nutzen. Aber wie lange werden die Menschen überhaupt noch schreiben? Und ist diese Entwicklung wirklich zielführend?“

Was wünschen Sie der stenografischen Organisation für die Zukunft?

„Für die Zukunft wünsche ich der stenografischen Organisation in Relation zur allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklung eine wenn auch punktuelle Rückkehr zu pragmatischer Einschätzung, zu realistischer Einstellung für die einfachen Dinge des Lebens. Es bedarf eines Abbaus von Nachlässigkeit, Bequemlichkeit, Gleichgültigkeit wie es über Jahrzehnte bei Bildung, Kultur, Kompetenz selbstverständlich gewesen ist. Die Verbindung zueinander werden wir hüten müssen gegen alle technischen Einflüsse, ohne auf diese zu verzichten.“

Wir danken Ihnen herzlich für Ihre Antworten und wünschen Ihnen und Ihrer Frau alles erdenklich Gute und viel Gesundheit!

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